Jesus war kein Frühaufsteher

Jesus war kein Frühaufsteher. Zumindest sagt die Bibel nichts davon. Kein einziger Vers beginnt mit „Und in aller Herrgottsfrühe stand Jesus auf…“. Es heißt manchmal, dass er sich frühmorgens zurückzog, um zu beten. Aber nicht, dass er der Erste war, der aufstand, Frühstück machte, den Tag durchplante und die To-Do-Liste betete.

Er war nicht der Typ, der vor Sonnenaufgang durchs Haus geistert und dabei schon geistlich komplett aufgeladen ist. Nein, Jesus war eher der, der den Tag wachsen ließ. Der nicht aufstand, um zu leisten, sondern um zu leben. Und selbst das nicht zu früh.

Mir hilft das. Denn ich bin auch keiner. Kein Frühaufsteher. Ich brauche Anlauf. Kaffee. Und eine Weile, bis ich weiß, wie ich heiße. Und manchmal hab ich mich geschämt dafür. Weil man ja hören und lesen kann, dass erfolgreiche Menschen um 5 Uhr aufstehen. Die Welt retten. Joggen gehen. Beten, meditieren, produktiv sein. Während ich noch versuche, zwischen Traum und Tageslicht eine halbwegs brauchbare Haltung zu finden.

Aber dann denke ich an Jesus. Und daran, dass das Wichtigste in seinem Leben oft nicht am Morgen geschah. Die Begegnungen, die Wendepunkte, die Wunder – die meisten ereigneten sich mitten am Tag. Oder am Abend. Und sogar in der Nacht. Gethsemane, Karfreitag, Emmaus – alles Nacht- und Spätschichten.

Gott braucht keine Frühaufsteher, um Wunder zu tun. Er braucht wache Herzen. Ob morgens um fünf oder mittags um zwölf. Und er nimmt uns, wie wir sind. Wer langsam in den Tag kommt, kommt vielleicht langsamer bei sich an. Aber nicht später bei Gott.

Die Tageszeit ist kein Heilskriterium. Und der erste Gedanke des Morgens muss nicht fromm sein. Es reicht, wenn er ehrlich ist. Und vielleicht lautet er: „Herr, ich bin noch nicht ganz da – aber Du bist es. Hilf mir, dass ich heute wach werde. Nicht nur mit den Augen, sondern mit dem Herzen.“

Und wenn das gelingt – dann ist es egal, wann wir aufstehen. Hauptsache, wir stehen auf.

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