Wenn keiner führt, aber einer da ist
Die Sonne ist zurück. Deshalb möchte ich heute mit einer neuen, kleinen Serie zu Psalm 23 beginnen.
Es gibt Tage, da weiß ich nicht, was richtig ist. Da stehe ich vor Entscheidungen, die sich nicht entscheiden lassen. Links ein Risiko. Rechts ein Kompromiss. Und geradeaus? Ein Nebel, in dem nichts zu erkennen ist. Kein Hinweisschild, kein Wegweiser, keine Stimme, die mir sagt: „So geht’s.“
Manchmal beneide ich Leute, die scheinbar alles im Griff haben. Die mit klarer Haltung durchs Leben gehen, als hätten sie die Wahrheit gepachtet. Ich gehöre nicht dazu. Ich bin oft zögerlich. Nachdenklich. Und mehr als einmal verirrt. Manchmal laufe ich Umwege, die ich mir nicht erklären kann. Und manchmal bleibe ich einfach stehen, weil mir der Mut fehlt, weiterzugehen.
Dann höre ich diesen einen Satz: „Der Herr ist mein Hirte.“ (Psalm 23,1)
Nicht ich bin mein Hirte. Auch kein anderer Mensch. Kein System. Kein Algorithmus. Sondern: der Herr. Gott selbst. Einer, der nicht drängt, sondern führt. Der nicht von oben ruft, sondern mittendrin geht. Der nicht mit einem Navi aus der Cloud arbeitet, sondern mit einem Blick, der sieht, was ich noch nicht erkennen kann.
Ein Hirte geht voran. Nicht immer sichtbar. Aber spürbar. Ein guter Hirte kennt seine Herde. Und bleibt, wenn es ungemütlich wird. Wenn die Dunkelheit kommt. Wenn der Wind sich dreht. Wenn die Angst sich breitmacht. Und wenn alle anderen längst weitergezogen sind, bleibt der Hirte da. Bei den Schwachen. Den Verletzten. Den Unentschlossenen.
„Der Herr ist mein Hirte“ – das ist kein triumphaler Glaubenssatz. Es ist eher ein leiser Trost. Eine Erinnerung. Eine Vergewisserung. Für Tage, an denen ich es selber nicht mehr weiß. An denen keiner führt. An denen keiner Bescheid weiß. Und doch: Einer ist da. Nicht irgendwo im Himmel, sondern ganz in der Nähe.
Ich muss nicht immer wissen, wo es langgeht. Es reicht, dass einer es weiß. Und dass er mich sieht. Schritt für Schritt. Weg für Weg. Auch heute.