Mir wird nichts mangeln

Was bleibt, wenn alles fehlt?

Vergangene Woche stand ich im Supermarkt vor dem Regal mit Nudeln. Leere Fächer. Auch in anderen Gängen. Kein Mehl, kein Öl, nicht einmal Klopapier. Ein älterer Herr neben mir murmelte: „Früher gab’s sowas nur im Osten.“ Und ich dachte: Jetzt also hier. In unserer satten, wohlversorgten Welt. Auf einmal fehlt etwas. Ein wenig wie im Jahr 2020 zu Coronazeiten.

Und wie schnell fehlt im Leben noch viel mehr. Ein Anruf. Eine Diagnose. Eine Kündigung. Ein Verlust. Und auf einmal nicht nur leere Regale, sondern ein leerer Platz am Tisch. Eine Lücke im Herzen. Ein Mangel, der sich nicht mit Geld oder Geduld auffüllen lässt.

Mir wird nichts mangeln“, heißt es im Psalm 23,1. Ein Satz, den man leicht missverstehen kann. Als würde Gott dafür sorgen, dass immer alles da ist. Dass es immer reicht. Dass es nie wehtut. Aber so ist es nicht. Ich kenne genug, die viel vermissen. Die ein Kind betrauern. Die auf Heilung hoffen. Die mit einem Schmerz leben, der nicht vergeht. Und trotzdem diesen Satz sprechen: Mir wird nichts mangeln.

Vielleicht liegt die Wahrheit darin: Der Mangel bleibt. Aber er ist nicht alles. Es gibt etwas, das bleibt, auch wenn vieles andere verloren geht. Eine Würde. Eine Nähe. Eine Zusage, die nicht verrutscht. Du bist nicht allein. Du wirst nicht vergessen. Du wirst versorgt – nicht immer so, wie du es dir wünschst, aber immer so, dass du nicht untergehst.

Was uns wirklich fehlt, ist oft nicht das, was man kaufen kann. Es ist Vertrauen. Geborgenheit. Hoffnung. Liebe. Und all das sind Dinge, die nicht ausverkauft sind. Die nicht rationiert werden. Die nicht an Bedingungen geknüpft sind.

Vielleicht ist es das, was der Psalmbeter meint. Dass wir am Ende nicht mangeln werden – nicht, weil uns nichts fehlt, sondern weil Gott bleibt. Mitten im Fehlen. Und manchmal reicht genau das.

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